Im Jahr 1944 stellte der Vorgänger der Central Intelligence Agency, das Office of Strategic Services (OSS) ein geheimes Handbuch zur Sabotage feindlicher Organisationen zusammen. Die darin enthaltenen Anleitungen waren für Menschen vorgesehen, die in Gebieten der Achsenmächte lebten, jedoch mit den Alliierten sympathisierten. Das Handbuch ermutigte zu «einfachen Zerstörungsaktionen», die keine spezielle Ausbildung, Werkzeuge oder

Vergoldeter Kies

«Grandezza am Zürichsee» verspricht das Inserat der Makler «Engels & Völkers». Die angebotene «Villa in Zürich mit Seeanstoss befindet sich auf einem parkähnlichen Grundstück und ist mit ihren 2’300 qm Fläche das grösste von gerade vier privaten Grundstücken im Stadtgebiet von Zürich, die über einen eigenen Seeanstoss verfügen. Keine 20 Gehminuten von der Bahnhofstrasse entfernt,

Editorial

Wer die Entwicklung der Stadt Zürich der letzten 30 Jahre betrachtet, kann sich dem Eindruck nicht verwehren, dass hier alles unternommen wurde, um jeder Leerstelle, jeder Brache eine Aufgabe zuzuordnen. Von Selbstorganisation und Freiheit von Konsumzwang, wie sie in den den 80ern und frühen 90ern zelebriert wurden, ist heute verschwindend wenig zu spüren. Damals liess

Grenzen

Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges und noch stärker nach dem Fall des eisernen Vorhangs schienen sich Grenzen in zahlreichen kleinen Schritten kontinuierlich abzubauen. Auf den Zusammenbruch der Sowjetunion folgte die deutsche Wiedervereinigung, darauf die Bildung der EU. Auch wirtschaftlich wurde zunehmend auf Globalisierung gesetzt und der Welthandel ausgebaut. Parallel dazu nahm die internationale Vernetzung

Stattdessen

Vor einem Jahr erreichte das Coronavirus die Schweiz. Kurz darauf stufte der Bundesrat am 16. März 2020 die Situation als «ausserordentliche Lage» ein und verfügte damit, dass Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe vorerst bis auf unbestimmt geschlossen wurden. In der Folge haben die letzten zwölf Monate einige bisher als unumstösslich wahrgenommene Ideale und

Bewegung (und Stillstand)

«D‘ Bewegig» sorgte 1980 für ein stürmisches Klima in Zürich. Die von der damaligen Stadtregierung in den 1970er Jahren ignorierten Forderungen nach alternativen, nicht von den Behörden kontrollierten Kulturangebote bildeten den Nährboden für zunehmende Demonstrationen und die verzweifelten bis dadaistischen Sprüche, an die wir uns bis heute erinnern. Das Aufeinanderprallen von jugendlichen Bedürfnissen und gesellschaftlichen

Editorial

Während die Digitalisierung in den letzten dreissig Jahren zahlreiche Lebens- und Arbeitsbereiche radikal verändert hat, passierte beim Verhältnis zwischen Staat und BürgerInnen diesbezüglich wenig. Die Ankündigung der E-Government-Strategie 2020–2023 sowie die Anstrengungen zur privaten Herausgabe einer E-ID stellen in diesem Jahr deshalb eine bedeutende Zäsur dar. Plötzlich scheint es nicht schnell genug zu gehen: Zentrale

Ja, Ja, Ja,
Nein, Nein, Nein

Über 100 Mal wurden die Zürcher*innen in den letzten vier Jahren um Ihre Meinung und Ihre politischen Präferenzen gefragt. Ein Privileg für das nicht nur Zürich von ausländischen Beobachtern oft bewundert und manchmal gar benieden wird. Einher mit der häufigen Befragung des Willens der Bevölkerung geht allerdings auch eine grosse Müdigkeit. Denn im Vergleich mit

Nein ist nicht gleich Nein

Die sogenannten Nichtwählerinnen bildeten lange den wenig untersuchten blinden Fleck in der Wahrnehmung der politischen Teilnahme. Während die aktiv wählenden regelmässig und detailliert nach Parteipräferenzen und sozioökonomischen Faktoren ausgeleuchtet wurden, gab es für die nicht Teilnehmenden oft nur pauschale Vermutungen: Faul, dumm, desinteressiert. Der Politikwissenschaftler Markus Freitag hat zusammen mit Adrian Vatter, Marc Bühlmann und

But does it scale?

Das Fundament unserer Demokratie basiert auf der Idee, dass Bürger*innen eines Staates ihre Rechte in einer freien Öffentlichkeit wahrnehmen können. Die Öffentlichkeit dient dazu, dass in einer Gemeinschaft Probleme diskutiert und Lösungen verhandelt werden können. Sie dient aber auch dazu, die Handlungen des Staates zu kontrollieren und die Haltung der Gesellschaft wahrzunehmen. Diese Leistungen der

Soziale Einbildung

Ein Gespräch zwischen Ivan Sterzinger und dem Medientheoretiker und Netzkritiker Geert Lovink. Ivan Sterzinger Du hast die Geschichte der freien Radioszene von den späten 70er Jahren bis heute begleitet. In deinem Buch «Das halbwegs Soziale» gehst du u.a. der Entwicklung von Community-Radio, Pira­tenradios hin zum Internet-Radio nach. Die technischen Möglichkeiten des Radio haben sich in

Schicht für Schicht für Schicht

«Wie man sich bettet, so liegt man» heisst ein bekanntes Sprichwort. Es impliziert, dass wir für die Folgen unseres Tuns selbst verantwortlich sind. Und es verschweigt, dass es zuerst andere sind, die das Bett für uns machen: Wir werden durch Zufall in ein Land, eine Zeit oder eine Familie hineingeboren. Klar, was wir daraus machen,

Bitte weitergehen

Konfrontiert mit den Vorwürfen zu Geldwäsche, Steuervermeidung und Verschleierung, die der Anwaltskanzlei Appleby aufgrund der «Paradise Papers» gemacht wurden, reagierte diese mit folgendem Statement: «We are satisfied that there is no evidence of any wrongdoing, either on the part of ourselves or our clients.» Es handelt sich um eine Beteuerung, wie wir sie von anderen

Erschöpfte Synergien

Streiks sind in der Schweiz eigentlich ein seltenes Ereignis. Nahezu nirgends sonst in Europa wird die Arbeit so selten niedergelegt wie hierzulande. Nach dem Landesstreik von 1918 kam es lediglich während des zweiten Weltkriegs zu weiteren grossen Streikbewegungen. Für lange Zeit danach konnten Konflikte durch Verhandlungen, Gesamtarbeitsverträge oder direktdemokratische Einbindung erfolgreich entschärft werden. Während der

No Rules,
No Order

Mitte Januar trafen sich in Davos einmal mehr die exklusivsten Hochkaräter aus Wirtschaft und Politik zum jährlichen World Economic Forum. Hoch oben auf der Agenda stand dabei wie so oft die rhetorische Frage nach Verantwortung – dieses Jahr spezifisch im Zusammenhang mit der zunehmenden politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Spaltung. Ebenfalls in Davos, allerdings vor 22

Die reine Leere

Immer wieder wird heutzutage in einer selbstverständlichen Absolutheit von dem Echten, dem Wahren, dem Authentischen gesprochen. Wir leben scheinbar in grossartigen Zeiten, einer Zeit der wahren Ursprünglichkeit und des unverstellten Seins. Wir entspannen im Floating Tank, um uns wie ein ungeborenes Baby zu fühlen. Wir bauen neue Häuser, die wie alt aussehen sollen, damit sie

Die ewige Gegenwart

«Aus der Geschichte lernen, um die Zukunft zu gestalten». So lautet das vielzitierte Credo, mit dem man Fehler vermeiden kann. Doch was, wenn es noch keinen geschichtlichen Präzedenzfall gibt, aus dem man lernen könnte? Wir leben in einer Welt, in der unsere kulturellen Leistungen in nie gekanntem Ausmass digital entstehen, digitalisiert und online verfügbar gemacht

Feed me

«Nichts verpassen» lautet seit 2008 der Werbeclaim der Tageszeitungen der Tamedia tagesanzeiger.ch, bernerzeitung.ch und bazonline.ch. Der Claim, entworfen von der Zürcher Agentur Spillmann/Felser/Leo Burnett, liegt gut in der Zeit, entspricht er doch einem zunehmend verbrei­teten Verhalten in der Nutzung von digitalen Medien. Aktualität ist ein klassischer Nachrichtenwert, auch für die elektro­nischen Nachrichtenportale. Doch noch nie

Grüezi, Bonjour, Buongiorno, Mirëdita

Der Kosovo ist der jüngste Staat Europas. Als das Land am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärte, feierten nicht nur die Menschen in Prishtina – in zahlreichen westeuropäischen Städten jubelte die Diaspora mit. Auch in der Schweiz: Gut 150’000 Kosovarinnen und Kosovaren leben hier; sie zählen nach den Italienern, Portugiesen und Deutschen zu

Ich seh was, was Du nicht siehst

Facebook schaffte es 2013, die emotionale Befindlichkeit von 1,2 Milliarden Menschen auf dieser Welt synchron und zentral zu beeinflussen. In der digitalen Welt ist es heute möglich, jeden Text, jedes Wort zu korrigieren und zu manipulieren; immer mehr Inhalte, die wir klicken, lesen, suchen und sehen sind das Resultat von ausgefeilten, optimierten Abläufen, in denen

H. v. Bienert

Heribert von Bienerts Internationales Modeshow- und Fotoinstitut veranstaltet nach eigenen Angaben jedes Jahr 120 Shows – Firmenanlässe, Bankette, Hochzeiten, Generalversammlungen – und bietet Coaching für angehende Models an. Daran alleine wäre an sich nichts Ungewöhnliches, bieten doch zahlreiche andere Modelschulen, Agenturen und Fotografen vergleichbare Dienstleistungen an. Ungewöhnlich ist allerdings seine Werbung. Seit mittlerweile zehn Jahren

In persönlicher Mission

Geht man dieser Tage beim Zürcher Paradeplatz am Hauptsitz der UBS vorbei, kann man wieder die mit blauem Marker geschriebenen Kommentare eines stadtbekannten Unbekannten sehen. „Ueli Maurer: Freue Dich Israel” steht auf der Plakatwerbung der UBS, mit einem kleinen Herzchen auf Uelis „i”.  Daneben Verweise auf Psalme, Bibelstellen und viele weitere Bezüge zum heutigen politischen

Die 1948 verabschiedete Erklärung der Menschenrechte garantiert uns, dass Alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind. Und doch wissen wir alle, Menschen waren noch nie gleich. Und viele wollen es auch nicht sein. Die evolutionäre Entwicklung der Menschheit gegenüber anderen Arten war nicht zuletzt darum so erfolgreich, weil sie immer auch