Vor einem Jahr erreichte das Coronavirus die Schweiz. Kurz darauf stufte der Bundesrat am 16. März 2020 die Situation als «ausserordentliche Lage» ein und verfügte damit, dass Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe vorerst bis auf unbestimmt geschlossen wurden. In der Folge haben die letzten zwölf Monate einige bisher als unumstösslich wahrgenommene Ideale und

Chronik der feindlichen Stille

März 2020 — Anfang März ist im Gespräch, das mir beim Haareschneiden aufgezwungen wird, das neue Virus kein Thema. Und erst recht nicht in Buenos Aires, wo ich bald darauf nach vierzehnstündigem Flug lande – vierzehn maskenfreien Stunden, wohlgemerkt. (Faszinierend, wie man sich die damalige Normalität kaum mehr vorstellen kann; Händeschütteln erscheint mir heute anrüchig).

Die meinen ja mich

Man merkt mir meine Schwäche nicht an. Bis zur Corona-Krise haben so auch nur meine Nächsten gewusst, womit ich schon lange lebe: mit einer Vorerkrankung, die mein Immunsystem schwächt. Das bedeutet, dass ich an rezidivierenden Infektionen leide. Wenn ich in ein Flugzeug steige, verlasse ich es meist wieder mit all den Viren, die sich dort

Im Krater von Chicxulub

Kurz nachdem wir unser letztes Album veröffentlicht haben, hat der Bundesrat die ausserordentliche Lage ausgerufen. Nicht wegen des Albums, wegen des Virus. Die Konzerte, bei denen wir einem Publikum, aber auch uns untereinander wieder mehr begegnet wären, wurden abgesagt. Ich hätte davor nicht sagen können, wie wichtig mir diese Begegnungen beim Musikmachen sind. Hätte-hätte-Fahrradkette. Das

Dein Freund und Helfer, Stripper, Dieb

Eigentlich hatte ich im neuen Jahr vor, zu einem dieser Menschen zu werden, die Dinge nicht hinausschieben, und die das Telefon ohne Widerwillen abnehmen. Die sich nachmittags nicht hinlegen, und die nicht jede Entscheidung in tausend Stücke zerreden. Und die laut guten Morgen rufen nach dem Aufstehen! Dann kam 2020. Mitte März: Nach einem Monat

Trotzdem Tinitus

In meiner Fantasie stelle ich die Mehrwegbecher auf den Tresen. «Refill?», fragt die Barkeeperin. «Yes, please!», sage ich und krame drei Plastikchips aus meiner Hosentasche. Ich drücke Flo und Roman je ein Bier in die Hand: «Schnell absitzen?» Als wir an den Türstehern in ihren grünen Blazern vorbei nach draussen treten, blendet mich die Sonne.

Ich schäme mich für die Politik in meinem geliebten Heimatland

Für eine Performance im Februar stellte ich Bekannten die Frage, wann sie sich zuletzt politisch depressiv gefühlt haben. Mein Mitbewohner beschrieb eine christliche Gebetsstunde, die im österreichischen Parlament stattgefunden hatte, und endete mit dem Satz: «Ich schäme mich für die Politik in meinem geliebten Heimatland.» Er sprach von Österreich, und ähnlich geht es mir mit

Skin Hunger

Wir umarmen einander seit bald einem Jahr weniger, für einige fällt Körperkontakt mit anderen Menschen sogar ganz weg. Was macht das mit uns – und was hilft? Die Physiotherapeutin Cornelia Caviglia erklärt. Miriam Suter: Im Rahmen Ihres Buchprojekts befassen Sie sich seit einigen Jahren neben Ihrem Beruf als Physiotherapeutin mit dem Thema Berührungen. Welches sind

Produktions-
stopp

Wäre es ein normaler Februar gewesen, dann hätte es in der Roten Fabrik allein im letzten Monat rund 30 Veranstaltungen gegeben. Hätte, denn seit Dezember sind diese wieder untersagt. Die dadurch fast menschenleere Rote Fabrik befindet sich im behördlich verordneten Tiefschlaf und hofft auf baldiges Wiedererwachen. Menschen in und um die Fabrik erzählen, wie es