Das US-amerikanische Schwestern-Duo CocoRosie macht Musik, wie sie emotionaler nicht sein könnte. Wer sich drauf einlässt, erlebt Wunderliches.

Smash my head on the rock, I barely feel it
Twist the hands on the clocks, time is slowing
Run across a burning bridge, we barely make it
Smash my face on the wall, Pa is calling
A murder of crows, the thunder blows, tears are falling
A murder of crows, the thunder blows, tears are falling

Smash my heart into bits, I am broken
Twist my soul inside out, I’m still breathing
Run across my burning heart, you can’t break me

Smash my face, take my hand, twist my heart, run my man
Murder the crow thunder blow, I am broken
Murder the crow thunder blow, I am broken

Smash my heart into bits, I am broken
Twist my soul inside out, I’m still breathing
Run across my burning heart, you can’t break me
Suck my soul into night, stars are falling
Rushing by a million mirrors, angels calling
Pull my hair into sky, I am flying
Pull my hair into sky, I am flying
Pull my hair into sky, I am flying
Pull my hair into sky, I am flying
Pull my hair into sky, I am flying
Pull my hair into sky, I am flying

(«Smash My Head», 2019)

Niemand bleibt unberührt, wenn sie der Musik von CocoRosie ausgesetzt ist. «I feel like an emotional jellyfish right now», sagte etwa die Moderatorin des US-amerikanischen Radiosenders KEXP, nachdem die Band in ihrer Sendung live das Lied «Fairy Paradise» performt hatte und begründete dies mit der Überdosis an klanglichen und visuellen Eindrücken.

«CocoRosie is the shower we need now in the musical desert», sagte Yoko Ono einst. Andere mögen sagen: «Das ist zu viel für mich.» Die Band, bestehend aus den beiden Schwestern Sierra, genannt «Rosie», und Bianca «Coco» Casady sowie einem Schlagzeuger, einem Beatboxer und einem Keyboarder, nimmt es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. Dass sie von der Norm abweichen, ist für sie Pflicht. Jeder Ton ist eine Herausforderung, jeden Klang schürfen sie aus dem Innersten.

Das Spannungsfeld liegt dabei im unterschiedlichen Gesang der Schwestern: Während sich die ältere Schwester Sierra, heute 40, in ihren Gesangspassagen dem Operngesang annähert und an der Harfe zupft, stimmt Bianca, 38, gerne eine Mischung aus depressivem Katzenjammer, introvertierter Schwelgerei und völliger Losgelöstheit an. Dazu gesellen sich mit der Stimme erzeugte Hip-Hop-Beats, Folk-Klänge, Klassik, Kinderkeyboard, Popcorn-Maschine und jede Menge Kauzigkeit.

Doch woher kommt das alles? Versuchen sich da zwei um jeden Preis als Hippies? Sie beschrieben ihre künstlerische Identität einst in einem Beitrag des griechischen Fernsehens wie folgt: «Als wir jünger waren, verbrachten wir viel Zeit in der Abgeschiedenheit. Wir hatten kein Fernsehen und kein Spielzeug, was uns dazu zwang, wirklich in einer grossen imaginären Welt zu leben. Wir haben nicht sehr viel traditionelle Bildung. Und die Dinge, die wir mögen, würden die Menschen wahrscheinlich überraschen. Wir lesen kaum Bücher, schauen wenig Filme, hören wenig Musik.»

Die beiden Schwestern sind als Nomadinnen aufgewachsen. Sierra kam in Iowa zur Welt, Bianca auf Hawaii. Die Eltern treten sich früh, die Mutter nahm sie mit auf Reisen. Das Prinzip des Niederlassens kennen sie nicht. New Mexico, Arizona, Kalifornien – jedes Jahr ein neuer Wohnort. Beide beendeten die Highschool nicht. Ihre Mutter, die Künstlerin und Sängerin Christina Chalmers, glaubte daran, dass sie mehr lernen würden, wenn sie durch den Wald streifen und Kunst schaffen. Noch heute ist die freigeistige Pippi Langstrumpf ihre grösste Inspiration.

Wenn sie von der Entstehung von Songs erzählen, dann klingt das oft wie aus dem Ferienlager: «Wir sassen irgendwo in einer abgelegenen Scheune und haben an Songideen gearbeitet. Dann kam ein Sturm auf. Das hat alles verändert.»

«Wir arbeiten immer in einem Zustand des Übergangs. Das ist der Zustand, in dem wir uns zu Hause befinden. Das geht über das Nomadendasein hinaus. Auch wenn die selbstgewählte Obdachlosigkeit immer noch ein Aspekt unseres Lebens ist. Ich glaube, man kann es an der Art sehen, wie wir Musik machen», sagte Bianca im selben Interview.

Das Sprunghafte zieht an. Es gibt definitiv Leute, die sich die Musik von CocoRosie zum Soundtrack ihres Lebens gemacht haben. Keine Seltenheit, dass sich unter ihren Youtube-Clips Kommentare wie: «Ich habe dieses Video sicher schon tausend Mal geschaut – und es haut mich jedes Mal um», finden.

Der Zürcher Rapper Tinguely dä Chnächt lobte ihr vielbeachtetes Album «Noah’s Ark» von 2005 – haben Sie sich schon mal das Cover genau angeschaut? Es zeigt eine interessante Abwandlung der Bremer Stadtmusikanten – etwa als perfekte Musik zum Schachspielen aus. Während Jahren hörte er nur dieses Album, wenn er am Brett sass. Verständlich: Es ist Musik, die eine klare Stimmung setzt, die eine gewisse Heiligkeit verbreitet, die die Konzentration fördert.
Man kann auch gut ein ganzes Leben damit verbringen, betörende CocoRosie-Videos auf Youtube schauen. Etwa die FM4 Radio Session vom 18. Juni 2013, bei der sie mit dem ORF-Radio-Symphonieorchester Wien auftraten. Oder ihre oft selbstkonzipierten Clips, die auch das offenbaren, was ihren Stimmen oft etwas abgeht: Humor. So sieht man sie im wunderschönen Clip zur aktuellen Single «Restless», wie sie im Vollplayback vor einer Rollschuhbahn posen.

Im März erweitern sie ihren surrealen Zauberwald an Songs und queerer Ästhetik um ein siebtes Studioalbum mit dem Titel «Put The Shine On». Kurz danach verzaubern sie Zürich.

Igor Kalaba
Björk meets Mary Poppins.

Melanie Mota
Is that a kids toy that they’re using for the muffled record sound? Pretty innovative.  I like.

yanaperrault
Not gonna lie, this was the first song I ever heard by this group (this performance) and I could not STAND her voice. but I was instantly hooked! I had to find more of their stuff.

C S
i did shrooms at their show on halloween…incredible

Martyk1968
CocoRosie have their own genre, I call it «dark toybox» & I love it.

Oliver Matich
opera singing and breakbeat beatboxing with a harp, clarinet and rap tier lyricism woaaa

Sib _
Trance music makes the fairies dance

Hugo S
I find this one to be the best song I ever heard this century.

(Kommentare auf Youtube)

Adrian Schräder ist freier Journalist und arbeitet regelmässig für die NZZ, Das Magazin oder das Bieler Tagblatt.
CocoRosie treten am Donnerstag, dem 2. April um 20.30 Uhr in der Aktionshalle der Roten Fabrik auf. Ihr siebtes Studioalbum «Put The Shine On» erscheint im März.

Comment is free

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert