Am Wochenende vom 21. und 22. Mai wird’s laut, bunt und lustig im und ums Fabrikareal. Der aktuelle Anlass, aus dem gefeiert wird, ist dabei gar nicht mal so lustig. Ein Grund mehr, das Ganze umso lauter und bunter zu feiern: das linke Seeufer als Einheit, Freiraum und Spielwiese für alle.
Der gegebene Anlass, von dem die Rede ist, ist der Kampf um dessen Zukunft, der vor etwas mehr als einem Jahr, als haarsträubende Pläne und Szenarien fürs Kibag-Areal enthüllt wurden, losgetreten wurde. Von «Luxusbauten» war die Rede. Von «oberem Wohnsegment», von «Villen mit direktem Seezugang», privatem Wohnraum für kräftige Steuerzahler*innen. Von Bedingungen wie «öffentlich zugänglich», «Naherholungs- und Veranstaltungsort» und vor allem «für alle Bevölkerungsschichten», die in gutgemeinten Dokumenten wie im Leitbild Seebecken der Stadt Zürich, im Visionspapier zum Seeufer des Hochbauamts oder im städtebaulichen Quartierentwicklungsleitbild für Wollishofen hochgehalten werden, keine Spur.
Dass diese Vorhaben, abgesehen von ihrer ohnehin fragwürdigen gesetzlichen Grundlage, für die Qualität des linken Seeufers als Freiraum für alle, verheerend wären, liegt auf der Hand. Es mag ein kleines Stück Seeufer sein, aber verbindendes Glied zwischen GZ und Fabrikareal, das dafür sorgt, dass das linke Seeufer ein linkes Seeufer ist. Dass es eben nicht einzelne Abschnitte des linken Seeufers sind, getrennt und verdrängt durch Anwohner*innen, die ihre Seesicht, ihre Privatsphäre und ihre Privat-Fähre bitte aber sicher lärmungestört geniessen möchten.
Quartier- und Stadtbewohnerinnen, Kulturschaffende haben sich im Laufe des vergangenen Jahres zur «IG Linkes Seeufer für alle» organisiert. Seither suchen sie einerseits Ideen und Unterstützung zur Ausarbeitung von Alternativen für die Arealnutzung andererseits das Gespräch mit der Stadt, der Kibag und weiteren involvierten Akteurinnen. Nächster und vorerst wichtigster Programm- und Wendepunkt in der Chronologie dieses Kampfes: das Quartierfest Wollishofen am Wochenende des 21. und 22. Mai.
Ein ganz grosses Ganzes
Ein Quartierfest klingt irgendwie klein. Vom Quartier fürs Quartier. Im Falle von Wollishofen ist das aber natürlich nicht ganz so einfach. Am See angeschlossen bedeutet automatisch nicht in sich abgeschlossen. Das Ufer ist See- und Angelpunkt. Niemand weiss so genau ob der See mitten in der Stadt liegt oder die Stadt mitten um den See herum. Er ist ein Sammelbecken und verbindendes Element und macht das Seeufer damit zum Head-Quartier der ganzen Stadt. Das Ufer ist ein Anker. Ein Ort zum Ausufern, Abtauchen und immer wieder Auftauchen. Das Ufer bedeutet Ankommen, Fuss fassen, Füsse tünkeln, Entli füettere, Male, Bade, Spieli spiele… Der See ist das Meer für die, die es diesen Sommer nicht bis ans Meer schaffen. Und der Garten der Wollishoferinnen ist auch der Garten all jener Stadtbewohnerinnen, die eben keinen Garten vor dem Haus haben. Das macht das Seeufer zur Homebase aller Wipkingerinnen, Altstetterinnen, Wiedikerinnen und ja, auch Schwamendingerinnen. Allerspätestens nämlich, wenn man im Juli schwitzend auf der Suche nach einem Plätzli am Wasser ins GZ Wollishofen strömt, von der Lethargy nach Hause torkelt, beim Flohmi am Wasser nach Fundstücken stöbert, spazierend ein Glacé schleckt oder sich durchs Programm des Theaterspektakels staunt. Zeit also, dass sich Stadtbewohnerinnen von Zürich Nord über Witikon bis Altstetten mit der Roten Fabrik, dem GZ und den Anwohnerinnen Wollishofens ins gleiche Boot setzen und checken: Das linke Seeufer ist ein ganz grosses Ganzes.
Noch ganz viel grösser werden grosse Ganze meist dadurch, dass sie ganz viele Menschen zusammenkommen lassen, ihre Visionen teilen, für sie einstehen und sie gemeinsam feiern. Vergangenen Sommer wurden im Rahmen des Projekts «Stadtidee» 167 Projekte zum «Mitwirken an Zürichs Zukunft» eingereicht. Daraus wurde von der Stadtbevölkerung über die Stadtideen für die vier Teile Zürich Nord, West, Ost und Süd abgestimmt, deren Umsetzung durch Gelder der Stadt unterstützt werden soll. Eines der 18 Gewinnerinnenprojekte für Zürich Süd: ein Nachbarinnenschaftsevent (oder eine kleine grosse Party, wie man’s nimmt) als Zeichen und Anstoss dafür, was mit den wichtigen Quadratmetern zwischen GZ und Roter Fabrik passieren könnte, wenn die Kibag das Areal der Stadt beispielsweise zurückverkauft. Zwei Tage, um mit Musik, Strassenkreide, Essen, Feiern und Austausch die Interessen der lokalen Bevölkerung zurück ins Zentrum der Kibag-Debatte zu stellen. Zwei Tage, um nochmals das Maximum an Potential dieses einzigartigen Freiraums auszuschöpfen, um Anwohnerinnen und Besucherinnen für ihn zu begeistern und für seinen Schutz mobilisieren zu können. So lädt die «IG Linkes Seeufer für alle» am 21. und 22. Mai zum Quartierfest Wollishofen oder auch Tag des offenen Seeufers ein. Eingeladen zum Mitmachen sind alle, die Ideen und Lust haben, mitzumachen. Eingeladen zum Mitfeiern sind alle Stadtbewohnerinnen und darüber hinaus, alle Freundinnen des linken Seeufers. Alle, die sich schon ein oder mehrere Male irgendwo zwischen Rentenanstalt und Kilchberg verliebt haben, oder es noch tun werden. Kurz: es betrifft einfach alle.
Damit auch für alle was dabei ist, sorgen die Rote Fabrik, das GZ Wollishofen, das Theaterspektakel, Jugend- und Quartiervereine wie die Offene Jugendarbeit (OJA) oder die Seepfadi für das Wohl von Gross und Klein. Konzerte, Partys, Live-Musik, Lagerfeuer, Hüpfburg, Böötli-Ausfahrten, Sirup und Kuchen, ein Haufen gleichgesinnter Menschen und ein Sommeranfang. So sieht’s aus, wenn aus einer Stadtidee Stadtrealität wird und wenn aus 2 Tagen des offenen Seeufers neue Energie und Engagement für eine gesicherte Zukunft eines offenen Seeufers – jeden Tag – geschöpft wird. Save the date!