Natascha Moschini und Marie Popall verbindet das Interesse am menschlichen Körper als politisches Spannungsfeld. Gemeinsam erörtern sie in ihrer ersten abendfüllenden Performance «Soft Tissue» das Verhältnis zwischen Intimität und Öffentlichkeit des Körpers, zwischen Angst und Lust, Erotisierung und Tabu. Sie schaffen eine Figur namens «Soft», die sich inmitten dieses Spannungsfeldes von Verletzlichkeit und Täter*innenschaft bewegt.
Ende 2016 hat die Zusammenarbeit Moschini/Popall wie sie sagen «aus dem Bauch heraus» ihren Anfang genommen. Die beiden haben zusammen gearbeitet und waren ausserdem Mitbewohnerinnen. Intuitiv fragte Natascha Marie, ob sie Lust habe, mit ihr zusammen für das Bone Performance Festival 19 – eine Plattform für Aktionskunst in Bern, die jährlich stattfindet – zusammen eine kleine Arbeit zu realisieren. Marie sagte zu, und sie stellten fest, dass sie sich gut ergänzen, und dass sie in einer gemeinsamen Sprache zueinander finden. Seither haben sie mehrere Projekte realisiert, die eng miteinander verbunden sind, und deren Fragen aufeinander aufbauen und ineinander hineinfliessen.
Ihre erste Arbeit, «a lovers bath», beschäftigte sich hauptsächlich mit Ohnmacht, mit Narrativen über die Wahrnehmungsebenen, die Intimitäten und die Exposition des Körpers. Während einer Künstler*innenresidenz in Kassel entstand die zweite Arbeit «Volcano». Diese beschäftigte sich – als Gegenpol zur Ohnmacht – mit der Potenz. «Volcano» spielt mit den Grenzen von Macht, Ohnmacht und Sexualität und erkundet das Verhältnis zum Begriff Potenz.
Natascha Moschini und Marie Popall schöpfen Inspiration aus unterschiedlichen, künstlerischen Kontexten, denen sie unterwegs begegnen. Diese Begegnungen stellen sie sich dann gegenseitig vor und entwickeln so eine gemeinsame Begeisterung. Die Inspiration kann aus der bildenden Kunst oder aus der Musik kommen. Für die letzte Arbeit «Volcano», die sie im Fabriktheater entwickelt haben, war eine dieser Inspirationsquellen die norwegische Popsängerin, Singer/Songwiterin und Schriftstellerin Jenny Hval. Sie beschäftigt sich ebenfalls mit dem Körper als politische Austragungswelt und als Geschichtenschreiber. Sie hat die beiden über lange Zeit hinweg begleitet und stellte zur Zeit von «Volcano» eine Art Idol für Natascha Moschini und Marie Popall dar.
Während der Arbeit an diesem zweiten gemeinsamen Projekt kristallisierten sich dann auch bereits die Fragen für die nächste Arbeit heraus; während es bisher um Thematiken rund um Ohnmacht und Potenz ging, geht es bei der aktuellen Performance «Soft Tissue» vermehrt um das Begehren. Wovon wird es beeinflusst, wie ist es geprägt und wo kreuzen oder treffen sich Angst und Lust?
Die Protagonist*in «Soft» befindet und bewegt sich mitten im Spannungsfeld dieser Fragen. Soft ist Material, sie ist Ding, aber sie ist auch Sexualität und nimmt verschiedene Nuancen ebendieser an. «Soft Tissue» arbeitet unter anderem mit Textmaterialien, in denen etwas explizit verhandelt oder kommuniziert wird, doch ist es der performende Körper, der das primäre, leitende Element darstellt.
Die Macherinnen beschreiben es folgendermassen: «Soft Tissue ist ein Roadtrip, eine obszöne Odyssee, entlang aufgeriebener erogener Zonen, welche, öffentlich und intim zugleich, politische Territorien verhandeln.»