Die temporäre Fassung von «Züri brännt», dem Kultfilm der «Bewegig» schlechthin, wurde im Herbst 80 erstmals in der Roten Fabrik gezeigt und schlug ein wie eine Bombe. In der Gruppe «Videoladen», die sich seit 79 in einem Keller im Zürcher Niederdorf traf, wusste man zu Beginn der Opernhauskrawalle sofort: Etwas Wichtiges passiert. Mit den neu gekauften Porta-Paks begann man die Ereignisse zu dokumentieren. Nach drei, vier Monaten hatte man bereits 50 Stunden Videomaterial zusammen.
1981 wurde der Film in Solothurn gezeigt und sorgte für Aufruhr. Eine Gruppe um Züri brännt boykottierte die Pressekonferenz, Tränengaspetarden wurden gezündet, das herausgeputzte Städtchen versprayt: «Züri brännt, Solothurn pennt!» Die NZZ schrieb über den Film: «Ein streckenweise hervorragend gemachtes Pamphlet, das unübersehbar an die Vorbilder des revolutionären russischen Kinos anknüpft. Seine expressionistische Emphase und dadaistische Bürgerschreckattitüde sind jedoch nicht im Geringsten an auch nur einigermassen objektiver Informationsvermittlung über die Vorgänge im Verlauf des letzten Sommers interessiert.»
Jürg Hassler, Regisseur von «Krawall» (1969), filmte das Video mit einer 16mm-Kamera von einem Monitor ab. Die Filmcooperative half und Edi Stöckli, der damals Pornokinos betrieb, stellte das Walche-Kino zur Verfügung. 40 000 Eintritte konnte «Züri brännt» verbuchen. Auch im Ausland, in Berlin, Brüssel und Österreich wurde der Film gezeigt. Die Filmemacher waren damals Anfang 20.
«Züri brännt» lebt von seinem Biss und Witz, von Polemik und Satire, und ist gleichzeitig ein historisches Dokument einer Bewegung, die neben einem autonomen Jugendzentrum vor allem eins wollte: Verwirrung stiften, irritieren und eine neue Sprache sprechen, die nicht verstanden wird. Die Schwarz-Weiss-Ästhetik spiegelt das zubetonierte, kalte Zürich von damals. Durchbrochen wird die Monotonie auf Textebene durch kämpferische Lyrik, auf Tonebene durch Musik von «The Bucks» und Walfischgesängen, auf Bildebene durch Überblendungen: Eiswüste, Atomexplosion, Marlboro Päckchen, Panzerfahrzeuge, indigene Stämme. Schliesslich kulminieren die Bilder, auf der Tonspur unterlegt von «The Bucks» und dem Gesang von «Königin der Nacht» – einer eigens dafür beauftragten Sängerin – in jenen Videoaufnahmen der 1980 real hereinbrechenden Opernhauskrawallen. Der Film endet mit dem Song «Züri brännt» und einer Montage aus Godzilla, Aufnahmen von einstürzenden Gebäuden, Explosionen und den Strassenschlachten von Zürich, 1980.
Der titelgebende Song Züri brännt übrigens wurde von der damals 14-jährigen Sara Schär (TNT) gesungen. Mitgeschrieben wurde der Song von Paul Weixler, der als Autor nie erwähnt und anerkannt wurde. Der Musiker und Texter, der sich seit den 80ern zwischen Bühne, Wahn und Psychiatrie bewegt, war mit der damaligen Version des Songs nicht zufrieden. Bis 2017 schrieb er geradezu manisch an diesem Song weiter. Die «ultimative Version» des Songs ist nun aufgenommen. Auf die vollgeschriebenen selbst gebastelten CD-Hüllen hat Paul Weixler bei seiner Performance, 2017, im Zürcher Buchladen «Paranoia City» gekritzelt: «Ich bin auch ein Alibi!»