Wie wurden die Frauen gebrochen?
Nicht mehr beachtet werden
Knotige Finger abwischen an einer ausgebleichten Kittelschürze. Sich in die Pfütze legen neben den Scherben des Krugs.
Es ist so einfach, dies zu schreiben. Vom Grau zu schreiben
in strähnigem, schütterem Haar.
Von den Bergen blauen Kuchens zu schreiben, unter dem Mond.
Wo geschah das Schlaffwerden, der Verlust der frühen Wildheit?
Wie sind wir so weit gekommen, eingesperrt zu sein in Zimmern? Welches Zimmer
birgt die Juwelen, die uns kaufen & für die wir andere Verwendung haben? Es ist zu einfach
mit den Zähnen zu knirschen in unserm Schlaf. Gib mir den Porzellankrug dort zu gross, um ihn zu tragen, zu
kostbar, dich von ihm zu trennen
lass mich nachdenken, wie ich ihn unversehrt nach Hause bringe. Gib mir
diese Geschichte, die du trägst
wie einen (Edel)stein
Oder deine schlaffe Brust in meiner Hand.
Von Diane di Prima, deutsche Übersetzung von Judith Pouget
Diane di Prima war eine US-amerikanische Dichterin (*1934 in Brooklyn, New York City, †2020 in San Francisco, CA) sowie eine der inspirierendsten Stimmen der Beat Generation.
Diane di Prima hat ihr Langgedicht Loba (spanisch für Wölfin) als «Work in Progress» bezeichnet. Auf dem Vorsatzblatt zur letzten Ausgabe von 1998 behielt sie sich das Recht vor, «mit Teilen des Gedichts zu jonglieren, sie neu anzuordnen, zu kürzen [...] Wie die Loba es wünscht, wie die Göttin befiehlt.» Sie wäre mir daher auch nicht böse – so hoffe ich –, dass ich diese fünf Passagen aus Loba aus persönlichen, also willkürlichen, Gründen ausgewählt (und angeordnet) habe. EIN GEMÄLDE DER LOBA, weil mich die Mythologie der Navaho fasziniert und ich das Privileg hatte, ihr schönes Land bereisen zu dürfen; die übrigen vier Texte, weil sie für mich zwei zentrale Aspekt der Loba verkörpern: die mächtige Frau als Göttin, Schöpferin, Kriegerin und Mutter – und ihren Gegenpol, die machtlose Frau als Unterdrückte, Verkaufte, Missachtete. Loba besingt beide Aspekte des Weiblichen – mit einer Sprachmächtigkeit, die immer wieder aufs Neue meine Ehrfurcht erweckt.