«Aber noch da…»Der Derwisch der deutschen Literaturgeschichte:Hadayatullah Hübsch (1946–2011) Am 4. Januar 2021 jährt sich zum zehnten Mal der Todestag von Hadayatullah Hübsch. Am 8. Januar 2011 wäre der Schriftsteller 65 Jahre alt geworden. Anstelle der Geburtstagsfeier fand an jenem Samstag sein Begräbnis statt, um zehn Uhr morgens auf dem Südfriedhof in Frankfurt am Main.

Kitt (Tanger up in blue)

für Florian Vetsch, 24. Oktober 2004 Manchmal verbreitet der Unter-Gang der Sonne mehr LichtAls ihr Aufgang,Bisweilen wandern wir über steinerneTreppen auf Maya-Tempel,Um zu begreifen, dass wir nichtExistieren, weil wir nochNicht so geworden sind,Wie wir sein sollten,Um zu sehen,Wie wir werden könnten,Wenn wir die Treppen hinauflaufenIn Reue,Ab & zu ist unser Herz ein Stein,Und was uns

Du

für meinen Vater,Januar 2011 / Oktober 2020 Du bist der leuchtturmder heldendu bist die brückeder welten du warst für michmein sternsonne und mondschienen nicht mehr fern du warst lichtnicht nur meinund dein gedichtlässt mich nicht allein das tier in dirhast du umgebrachtund uns den weißenvogel vermacht du warst sanftwie die nachtdu warst der löwemit Allahs

Gibt es ein letztes Mal?

drei blitzlichter für hadayatullah hübsch 1als ich deinen namen erstmals las, dachte ichhadayatullah, das sei eine frauso ne türkische femme fatale blitzte aufmit hochgestecktem schwarzem haar& smaragdgrün funkelnden augendas war in jürgen ploogs «strassen des zufalls»:«hadayatullah hübsch rief mich an. burroughs sei tot.» nun eine mail von ploogdu seist verstorben«eben hörte ich diese unfassbare nachricht»ploog,

LSD und mystische Erfahrung

Warum nimmt jemand Drogen, LSD zum Beispiel? Als diese Substanz auf den Nebenstrassen der Grossstädte Deutschlands auftauchte, war sie bereits von einem Mythos umgeben. Ein Elixier der Reinigung, das die Pforten zur höheren Wahrnehmung durchbrechen hilft. LSD ist eine religiöse Erfahrung, eine künstliche Psychose, schrieb Timothy Leary, der als Guru dieses Halluzinogens auftrat. Ich glaubte

Hadayatullah

irgendwann in den 80er jahren bekam ich einen brief an mein postfach. postfach, dieses allheilmittel gegen die paranoia der flüchtlinge. natürlich schaue ich erst auf den absender: hadayatullah hübsch.ein konvertit also. hatte nicht schon heinrich heine vor konvertiten gewarnt? im brief stellt sich ein mann vor, der zum islam übergetreten ist, gedichte schreibt und wünscht,

Johanna zu Pferd oder irgendwer

lamento johanna zu pferd oder irgendwerin ihrer eisernen rüstung aus prinzipienan der alle lanzen zerbrachen, alle herzenspfeile stumpften ab wie die gefühle, für die du «keinenkopf» hast in zeiten des krieges: deine worte, johannadie in schweissperlen auf ihre münder hinab tropften als sie dir ihr hosianna entgegenriefendas holz der pfeile einsammelnd & aufschichtend –johanna zu

Clocking in

When bones awakewith the lightnessof settled dust —innumerateand wordlessand in a rush –the irrevocable hourfateful and augustleaps behind us.Our mumbling voicesharshest in morningdarkest before risingbegin to animatethe ticking clock.

Der einsamste Elefant der Welt

Der einsamste Elefant der Weltmacht Urlaub in Nachbars Gartennach einem erbitterten Kampf gegen MüllWahnsinnstrips!!! grell und schnell!!!Was vom Wettlauf übrig bleibt istSchuppen für die Augenein harter Schnitt zuden Sachen, die sonst keiner machtein Neuer Versuch, dass «Sein Wille geschehe»Wunderwaffe mit Hindernis, BruderDie Mär von der neuen Offenheitzu lasch gegen rechtsund der Zauber stirbtWir brauchen Protest,

Lesung mit dem letzten Beatnik

Hadayatullah las als Erster,und ich stand draußenvor der Kneipeund kotzte mir die Seele aus dem Leib. Hinter mir bliebeiner stehen:Oh Gott, wie entsetzlich … Was? Ich drehtemich um. Ich muß hiergleich lesen … Der Mann ging weg. Hadayatullah lasnoch immer,und er klang wie ein Beatnikauf Deutsch, und ichdachte, lies, Kumpel, lies,vielleichtvergessen sie mich ja! Doch dann war plötzlichSchluß. Ich hörte,wie

Geh mal Arbeiten! Arbeiten Arbeiten

war ein Klassiker von Hadayatullah, bei dem wir gerne und ausgelassen mitgegrölt haben wie euphorisierte Literatur-Hooligans. Er war schon so was wie der Übervater für uns. Ihm war keine Lesung zu weit, ihm war keine Anstrengung zu gross, er mischte in der Social Beat-Ursuppe mit wie ein junger Spund, besass auch einen großen Vorteil gegenüber

Pate & Pusher der Subliteratur der 1990er Jahre

1993 waren die Fanzine-Macher Jörg André Dahlmeyer und Thomas Nöske auf der Suche nach einem Headliner für eine Lesereihe in alternativen Lokalen im ehemaligen Ostberlin. Der Stadtteil Prenzlauer Berg galt bereits zu DDR-Zeiten und auch in den frühen Wendejahren als Ort der Unangepassten.Enttäuscht über ihre Teilnahme an der 12. Mainzer Minipressenmesse, auf welcher der literarische

Ein Nachtlied

Es war der Tag uns so erregt,Doch dann hat sich der Sturm gelegt,Wir waren traurig und verzagt,So sehr hat uns der Tag geplagt,Doch Liebe hat bewegt. Mein Augenstern, mein Augenstern,Ich hab dich ja so gern,Doch nun ist spät, ich muss jetzt gehn,Bis auf ein Wiedersehn. Dunkel war manch AugenblickUnd zitternd suchten wir nach Glück,Doch dann

mein wort sucht still

mein wort sucht stillderweil das lichtdieses hungrige tierschweigt und betrachtetbis die innenwelt sich entblößtwahrheiten liegengefügig auf der erderar geworden sind die ortean denen sich das wort mühelosan seine herkunft erinnert

Schau vorwärts in Liebe

Versuch einer Antwort auf Schau zurück in Liebe von Hadayatullah Hübsch (Verstreute Gedichte I, Gonzo Verlag, Mainz 2012) Der Weg war dein Zielmein unerschrockener Freundihr wolltet rein seinund unschuldigauferstehen aus Ruinenwie Phönix aus der Aschestrahlend dem Morgen entgegenauf der Suche nach dem Gral der ewigen WahrheitgelenkterleuchtetbefreitdurchGott aber das Ziel ist meist im WegTag und Nacht

Café Oriental

Geh hinunter nach Chinatown und versetze dort deinen tibetanischen Geisterdolch und den magischen Spiegel. Beides wirst du unterwegs auf dem Pfad nicht brauchen können. Das Zeug bringt dich unweigerlich in Schwierigkeiten, hilft dir aber nur selten wieder hinaus. Tausche sie gegen den geflickten grauen Mantel. Wenn dir die ersten eisigen Regentropfen, die Vorboten des Sturms,

Wie weiter

für Urs Böke Alles weiss,Die Strassen, die Musik,Und ab & zu Split,Der die Schuhsohlen löchert,Nur die TräumeSind grün,Ich erinnere:Meer, Wald, Berg,Und das, was nicht atmet,Aber lebt,Wie komme ichAus meinem Haus,Wenn ich nicht denke,Dass ich aufhören sollte,Mein Leiden der WeltAufzubürden? So singeIch vom Himmel & den Vögeln,Denen ich nachfliegen mag,Bis die Wüste Oasen kenntUnd ich einen

Im Namen der Sonne

Wenn du die Sonne liebst, sammleDas abgefallene Holz, das sie dörrte,Sehne dich nach ihrem Sengen,Ach, du ausgetrocknetes Weizenfeld,Hier die guten, dort die faulen Körner,Übriggelassen für den Wanderer,Sende deine Worte wie Wasser auf denMond, ihren Bruder, in jedem TropfenEine Liebe verborgen wie auf demGrund eines Brunnens in deiner Wüste,Warte nicht die Nacht ab, wenn duSingen oder

Götter, Gräber und Gelehrte

Götter, Gräber und Gelehrte,Leere, wohin wir schauen,Bis wir ihre Kinder sehen, Bälger,Die stehn nicht mehr in Tempeln,Die prahlen nicht mehr mit Mausoleen,Die predigen nicht mehr im Amphitrium,Die stecken in unseren Portemonnaies,Wir schreien nach ihnen wie verdurstende Kälber,Die stehen in unseren Regalen,Wir blättern in ihnen wie vom Aussatz Befallene,Die rumoren in unseren Köpfen,Wir halten uns an

dem RauscH auf der Spur

        dem RauscH auf der Spur                   KerouAc, Ginsberg &Burroughs                    unenDliche Verzückung                      SchAmanen        der HighwaYs     geklaute SchAllplatten ausden ewigen WeiTen                  des BlUes                kreidebLeicher                    EngeL mit den          süchtigen Augen                    gescHlagen, beatific, glückselig