Die Grauen Herren sind zurück. Maskiert und hinter Plexiglas. Sie fahren grosse Worte auf, Pathos, Kriegsrhetorik, Beschwörung der Einheit Helvetia. Und das alles live am Schweizer Fernsehen – Realsatire. Dieser beachtliche Unterhaltungswert ist wohl der Trost dafür, dass man sich mehr denn je in einen schlechten, überlangen Sciencefiction-Streifen verirrt zu haben glaubt.
«Es war kein einfacher Entscheid», sagte etwa Bundesrat Parmelin bei der Pressekonferenz vom 13. Januar und wiederholte diesen Satz in sieben Minuten viermal: «Es war kein einfacher Entscheid.» Da das Leid überall sei und darüber hinaus alle leiden, brauche es nun «unbedingt Disziplin» im gemeinsamen «Kampf» gegen das Virus. Auch, um unseren Wohlstand zu sichern. «Es ist wirklich, aber wirklich wichtig, dass wir das gemeinsam machen. Nur gemeinsam schaffen wir das, als Einheit, als eine Schweiz, une Suisse, una Svizzera.»
Die Einheit wird selbstredend immer dann beschworen, wenn sie noch weiter auseinanderbricht; Disziplin und Verantwortung stets dann, wenn sie der absoluten Mehrheit abhandengekommen sind. Man greift dort zu Tautologien, Wiederholungen und schieren Behauptungen, wo Argumente und Erklärungen nicht mehr greifen: Das ist einfach so. Oder mit Ernst Stockers Worten: «Das geht so nicht». «Im Lichte der neuesten Beschlüsse», meinte der Präsident der Finanzdirektoren, der für seine Sprache nichts, aber alles für seine Gesinnung kann, gehe es einfach nicht, dass nun jeder einen Brief schreibe und um Geld bitte. Da würden ja, sagte er, alleine «in meinem Kanton 20’000 neue Gesuche auf dem Tisch der Verwaltung landen. Das geht so nicht». «Ich muss ihnen sagen, meine Damen und Herren, die Umsetzung, das ist nicht ganz so einfach. Meine Damen und Herren, wir sind nicht perfekt.» Die im «Kampf» gegen das Virus kritisierten föderalen Strukturen verteidigte er in einem beleidigten, oberlehrerhaften Ton – und mit einer unschlagbaren Argumentationskraft: «Es geht gar nicht anders.»
Soweit alles klar. Aber was ist mit den Blumen? «Blumen sind ja schön, aber nicht lebensnotwendig», meinte ein Journalist und implizierte damit die Willkür-Frage. Auf ein längeres Schweigen im Saal, antwortet der zuständige Fachexperte: «Das ist…Täglicher Bedarf können auch Blumen sein…Blumenläden sind hier auf der Liste der Läden des täglichen Bedarfs, die geöffnet bleiben.» Und an dieser Stelle zeigte er mit dem Finger auf die besagte Liste.
Um der aktuellen Verdrängung der Klimadebatte durch die Coronakrise nicht noch weiter Vorschub zu leisten, hier noch etwas zum Klima. Im Interview mit der BAZ meinte UBS-Chef Thomas Aegeter: «Schmierereien helfen dem Klima nicht» und lieferte für diese Aussage auch prompt eine stichhaltige Begründung: Um die betreffende Schmierereien an Fassaden und Fenstern zu beseitigen, seien nämlich Chemikalien erforderlich. Schmierereien helfen also nicht nur dem Klima nicht, sondern schaden ihm sogar. Und damit hat Aegeter natürlich absolut recht.
Zum Schluss noch gute Nachrichten für alle, die sich gerade um ihre Zukunft sorgen: Die Nationalbank hat das vergangene Jahr mit einem Gewinn von 21 Milliarden abschliessen können und die grauen Herren der Credit Suisse erwarten auch heuer ein klares Wirtschaftswachstum. In diesem Sinne: Ein reiches neues Jahr!