Akribische Arbeiter im Dienste des Hip-Hop: Edan, Homeboy Sandman und Tech N9ne haben innerhalb des Rap ihre eigene Ausdrucksweise und Nische gefunden. Im Februar treten sie in der Roten Fabrik auf.
Well it’s the rap beautician
The facts you listen
I blast through rhythms like hash through your system
True in love and wisdom
Well off and witty
Using God’s sleeve to wipe the hell off the city
See my elegance, dining on the Periodic Tablecloth of Elements
The universe designs my intelligence
Drop science down a bottomless pit
Run swift through a handstand on pyramid tips
The sun splits the waterfront causing prismatic effects
Butterflies come alive to have sex
Birds fly out of a top hat slow
To join the brilliance of wilderness and soar through the Congo
Speed the convo through colors and shapes
My word choice is turquoise I love to create
My art hurdles over the clouds of dark purple
Red mixes yellow and blue in sharp circles
Paint splashes over your conscious like canvas
Colors jump out of the body to form branches
Psychedelic images flash like avalanches
Illustrate skill with the quill to build stanzas
I use pens like hallucinogens
So who can pretend, my music ain’t a beautiful thing
A suitable king
Deserving of the jewels and the rings
That only flatter my appearance like the tulips in spring
I’m cool with the gods, I could never use the facade
Of a musician that celebrate hate and abuse women
The beautician is back, Humble Magnificent wizard of rap
Throwing tuxedos on the wax
(Auszug aus dem Track «Beauty» von Edans Album
«Beauty and the Beat», 2005)
Wer nicht glaubt, dass Sampling eine Kunstform ist, darf hier aufhören zu lesen. Kurze Pause für all jene, die noch mit ihren Augen an diesen Zeilen kleben, obwohl sie es für unethisch und kriminell erachten, aus den Versatzstücken bereits existierender Tonaufnahmen etwas Neues zu kreieren. Alle weg? Ja? Gut, dann können wir mit der Würdigung der Arbeit von Edan Portnoy, in Hip-Hop-Kreisen schlicht Edan genannt, beginnen.
Schon seit Ende der Neunziger Jahre lümmelt der heute 40-Jährige in den Nischen der unabhängigen Szene der Ostküste herum. Eine Hand in den Kisten mit den staubigen Platten aus jedem Genre aus aller Herren Länder, die andere Hand am Mikrofon, hat sich der Mann aus Rockville, Maryland, der schon seit Jahrzehnten in New York wohnt, als feste Grösse im Hip-Hop-Kosmos etabliert.
Während seine Reime in den Anfangsjahren oft noch an Fleissarbeiten erinnerten, waren seine Beats schon längst zusammengepuzzelte Hörspiele. Immer ein bisschen anders, immer ein bisschen kratzig und schräg, aber immer so serviert, dass der Schlag in den Nacken nicht ausblieb und doch niemand vom Pferd fiel.
Klarer Ausgangspunkt seiner Produktionen sind seine Turntables, ist sein Entdeckergeist. Da ist er ganz alte Schule, ganz Fan, ganz Traditionalist. Seine Beats entspringen seiner Plattensammlung, setzen sich aus obskuren Sprachsamples, Referenzen aus der Hip-Hop-Geschichte – ja, er ist mit Leib und Seele Historiker – verspulten Sounds, Scratches und Cuts und Loops aus Jazz, Soul, R&B und Psychedelic Rock zusammen. Gerne benutzt er auch ein paar Gitarreneffekte, um das Ganze wie eine Radioshow vom Mars klingen zu lassen.
Oft tritt er mit Perücken auf, mit gigantisch hoch aufgetürmten Haaren, mit langer Rockermähne, mit seltsamen Hüten. Sein Äusseres scheint stets zu schreien: Erwarte nicht zu viel! Dazu nestelt er wild mit Platten herum, schart altes Equipment um sich, wirkt unorganisiert, weckt die tiefsten Erwartungen. Dann legt er los. Und aus dem Chaos, aus dem Knistern und Knacksen, aus dem viel zu bunt wirkenden Strauss von Fundstücken entsteht ein wunderschönes Mosaik.
Seltsam nur: Nach dem 2005 erschienenen Meisterwerk «Beauty & The Beat» – ein Youtube-User schrieb unter einen der Songs übrigens: «Edan isn’t the best emcee of all time but he is in the top one» – verschwand der Schellack-Zampano für Jahre in der Versenkung. Man hörte noch hie und da was von DJ-Auftritten, bei denen er gleichzeitig an zwei Turntables einen Beat zusammensetzte und rappte und seine Zuschauer mit offenen Mündern zurückliess. Aber neue Veröffentlichungen tauchten bis auf ein Mixtape im Jahr 2009 keine mehr auf. Die vielversprechende Indie-Karriere schien er nach drei Mixtapes, zwei Alben und einer Handvoll Singles eigenhändig begraben zu haben.
Graças a Deus: Er hat sie nicht so tief verbuddelt, dass man sie nicht wieder hätte ausgraben können. Mit «Humble Pi», einer sieben Track starken EP, veröffentlicht auf dem kalifornischen Qualitätslabel Stones Throw, meldete er sich letzten Herbst überraschend zurück. Gemeinsam mit Rapper Homeboy Sandman – ein Mann mit ähnlich kultiviertem Slang, runder Zunge und viel Erfahrung – nahm er den Faden, bzw. die staubigen Platten wieder auf. Manchmal ist es so schön zu sagen: Alles beim Alten.
Eine solche Pause hat sich Aaron Dontez Yates nie gegönnt. Der Rapper aus Kansas City, Missouri baut seit Jahrzehnten eine eigene Künstleridentität auf, die so stark ist, dass sich mit den Jahren darum herum fast schon eine eigene Kultur gebildet hat. Er vereinigt in seinen Songs rohe Energie, Rock, opulent orchestrierter Rap, moderne Produktion, Frust, Dunkelheit und Horrorelemente. Dazu hat er eine ganz eigene Art über die Beats zu fliegen. Wieselflink, sprunghaft, unverkennbar. Chopper nennt sich das und ist typischen für den Mittleren Westen.
Tech N9ne, so der Künstlername, den er sich Ende der Achtziger Jahre gab, ist einer jener Künstler, der die Geister komplett spaltet. Entweder man liebt praktisch alles von ihm oder man kann mit seiner Musik gar nichts anfangen.
Auf der Bühne trägt er eine weisse Totenmaske, einen roten Sträflingsanzug und jede Menge Energie zur Schau. Er und seine Fans – das ist keine normale Beziehung. Sie haben den mittlerweile 47-jährigen Rapper zu einem der erfolgreichsten unabhängigen Künstler der USA gemacht. 2,3 Millionen Hörer streamen seine Musik monatlich auf Spotify, zwei Millionen Alben hat er bereits verkauft, sein eigenes Label Strange Music bringt immer neue Künstler hervor.
Er darf auf eine lange, lange Karriere zurückblicken: Geboren im Jahr 1971 und als Rapper aktiv seit den Achtziger Jahren, hat er letztes Jahr hat er mit «Planet» sein zwanzigstes Album veröffentlicht. Was ihn spannend macht, ist seine Unberechenbarkeit. «Ich wollte immer einen Song mit Bobby McFerrin und Doug E Fresh machen», sagte er kürzlich in einem Interview. Auf «Planet» überraschte er u.a. mit einer Hommage an die B-Boy-Kultur im Electrofunk-Stil.
«Ich wollte ursprünglich gar nicht Rapper, sondern Psychiater werden», gestand er im Podcast No Jumper. «Nun bin ich halt der Psychiater meiner Fans. Ich behandle sie mit den Geschichten aus meinem Leben.» Nächster Behandlungstermin: am 22. Februar in Zürich.
Hello?
(I want to par-ty) Huh? (You want to par-ty?) Yeah
(We need to par-ty) Cool (let’s have a par-ty) lemme get up
(«Hood Go Crazy» von Tech N9nes Album
«Special Effects», 2015)