Lasst mich bloss in Ruhe. Ich will das nicht hören. All eure «Ich schäme mich für die Schweiz»-Posts. Euer leeres Auf-die-Bildschirme-Starren im Zug, in den alternativen Cafés und in der Unirondelle. Die verwirrten Erklärungsversuche. Die «Alles Nazis»-Rhetorik. Bleibt mir bloss vom Leib mit eurer Mitleidsheischerei und eurem Unverständnis. Mit der Frage: «Und was nun?» Denn die Antwort lautet: Kopf runter oder Kopf ab. Und das vier Jahre lang.

Das kennen wir bisher noch nicht: Absolute Mehrheit.

Denn das kennen wir bisher noch nicht: Absolute Mehrheit. Da war bisher immer dieser feine Unterschied, den wir allen anderen erklären mussten, wenn sie uns gefragt haben, wie das denn bei uns funktioniert. Nix Opposition, wir haben Konkordanz (Prost!), das ist kompliziert und komplex. Und überhaupt, friss endlich deine Röschti und integrier dich mal, du fremder Fötzel. Wir und unsere verdammte Überheblichkeit. Direkte Demokratie im Namen Gottes des Allmächtigen. Das musste doch schief gehen.

Und noch viel weniger will ich die Beschwichtiger hören: Das sei doch alles gar nicht so schlimm. Die Rechtsradikalen hätten ja «nur» 33 Prozent der Sitze. Die brauchen immer noch die FDP, um irgendetwas durchzukriegen. Unsere Renten, unsere Krankenversicherungen, unsere Aussenpolitik: Spielbälle jener Partei, die sich noch damit rühmt, frei von Sinn zu sein? Wenn euch der Satz mal nicht im Halse stecken bleibt. Aus Liebe zur Schweiz.

Lasst mich bloss alle in Ruhe. Die Rumheuler. Die Besserwisser. Hört endlich auf, mir in den Ohren zu liegen mit eurem Gejammer der letzten vier Jahre, wieso es eine «neue Mitte» brauche, um «die Pole» zu schwächen. Was für Pole denn, wenn links das Spektrum bei Daniel Jositsch aufhört? Wenn wir schon solchen Quatsch glauben, wieso gründen wir nicht gleich noch eine liberale Partei, die sich ganz den christlichen Moralvorstellungen verpflichtet? «Jeder nur ein Kreuz – Selbstverantwortung bis zum jüngsten Tag!» wäre doch ein toller Slogan. Auch eine Bewegung der grünen Autofahrer passt super in diese Logik: «Mit Vollgas zum Atomausstieg!» «Energiewende statt Einbahnstrassen!» «Mein Porsche rast mit Sonnenkraft!» Oder wie wärs mit einem Bündnis für nationalkonservative Toleranz? «Weiss, gelb, rot und braun – Gemeinsam für den Grenzzaun!» Und natürlich ist das völliger Blödsinn – aber das war eine Partei, die sich für die Umwelt UND die Interessen der Wirtschaft einsetzen soll genauso. Und die Tatsache, dass der Präsident einen bäumigen Namen hatte, macht die Partei auch nicht grüner als Holger Apfels NPD. So long and thanks for all the fish, ihr Penner.

Es ist eine neue Zeit angebrochen. Die Modeparteien haben sich schon wieder überlebt. Die CVP kommt genauso wenig wieder wie ihr Namensgeber. Und links von der SP bleiben nur noch Kuriositäten übrig, die genauso selten bleiben wie ein Sozialdemokrat im US-Senat. Wir haben uns gerade ganz direktdemokratisch in ein Zweiparteiensystem gewählt – und das am Ende eines amerikanischen Wahlkampfs. Anscheinend haben wir es nicht anders gewollt. Oder verdient.

Etrit Hasler ist Slampoet, Journalist und SP-Kantonsrat. Für die Fabrikzeitung kommentiert er regelmässig das aktuelle politische Geschehen.

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