Nahrung, Energie, Kleidung – viele Dinge, die wir zum Leben brauchen, werden auf ausbeuterische Weise hergestellt. Das macht ein schlechtes Gefühl. Deshalb gaukeln uns Unternehmen Lügen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte vor, die wir zu schlucken nur allzu bereit sind. Dieses Phänomen nennt man Greenwashing. Keine andere Autorin hat sich mit diesem Thema so auseinandergesetzt wie Kathrin Hartmann. Sie stösst uns auf unbequeme Themen. Schonungslos ehrlich zeigt sie in ihren Büchern und Artikeln, wie wir als Bewohner des Nordens die Natur und die Menschen im Süden ausbeuten. Hartmann verabreicht uns eine bittere Pille, aber sie ist dabei nicht moralisierend oder überheblich. Ich treffe Kathrin Hartmann bei dem «Marx is muss»-Kongress, der in Berlin im Verlagsgebäude des Neuen Deutschland stattfindet. Natürlich hat sie dort über ihr Lebensthema, die grünen Lügen, gesprochen.
Alexis Waltz: Erklärst du uns, was du unter Greenwashing verstehst?
Kathrin Hartmann: Konzerne, deren Kerngeschäft in keiner Weise ökologisch oder sozialverträglich ist und es auch nicht sein kann, hängen sich ein grünes Mäntelchen um. Mittlerweile inszenieren sie sich sogar als Retter. Ein gutes Beispiel dafür ist Unilever. Unilever verarbeitet jedes Jahr 8 Millionen Tonnen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Soja, Palmöl oder Rindfleisch, die für einen grossen Teil der Waldzerstörung in Asien und Südamerika verantwortlich sind. Das Zeug, was Unilever herstellt, braucht eigentlich kein Mensch, das ist Schrottessen. Dennoch ist Unilever eine Firma, die sich als besonders grün inszeniert. Deren Chef nennt Unilever die grösste NGO der Welt. Die sitzen in vielen UN-Gremien und -Ausschüssen, wo die wirklich Einfluss haben. Wenn du auf die Unilever-Homepage gehst, sieht das aus wie bei einer NGO. Sie behaupten von sich, sie würden ihr Kerngeschäft dazu nutzen, um auf die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen hinzuarbeiten.
Funktioniert das? Warum fallen wir darauf rein?
Hartmann: Das funktioniert auf verschiedenen Ebenen erschütternd gut. Zum einen, weil wir wissen, dass wir alle damit verbandelt sind, dass wir in den kapitalistischen Zentren der Nordhalbkugel systematisch auf Kosten anderer leben. Wir haben alle schon mal von kapitalistischer Ausbeutung, Kinderarbeit, Naturzerstörung und Monokulturen gehört. Gleichzeitig fühlen sich viele machtlos, und der Ausweg «du brauchst nur die richtigen Sachen zu kaufen» ist bequem. Und man kann es nicht nachprüfen – das ist alles gut gemacht, die Bilder sind toll, die Unternehmen bedienen sich der Sprache der Umweltbewegung. Das schaut aus wie beim fairen Handel, wenn du auf die Seite von Nestlé gehst. Und die haben George Clooney unter Vertrag, der mit einer Menschenrechtsanwältin verheiratet ist und als engagiert gilt. Die machen es einem leicht, darauf reinzufallen. Auf der anderen Seite wirkt das auch in die Politik. Greenwashing ist eine Form von Lobbyismus, die Regulierungen verhindert. Die Firmen sagen: Wir kümmern uns selber drum, wir gehen sogar über die Gesetze hinaus.
Dennoch bekommt man als Konsument ein positives Gefühl.
Hartmann: Das funktioniert auf einer emotionalen Ebene. Du gehst in den Supermarkt und denkst: Naja, das ist alles nicht so super hier. Dann nimmst du eine Packung, da ist ein grüner Frosch drauf, der auf der anderen Packung nicht ist. Da denkst du: Naja, besser als nichts. Dann kommt noch der Distinktionsgewinn dazu: Ich setze mich dadurch ab, dass ich mit Nachhaltigkeitssiegel kaufe. Es funktioniert traurigerweise gerade bei den gebildeteren Schichten, die es besser wissen sollten. Die Erzählungen dieser Unternehmen ergeben ein Mosaik, das im Ganzen kommuniziert, dass jetzt alle dabei sind, es besser zu machen. Und wir müssen uns nicht ändern, wir müssen nicht auf die Strasse gehen.
Was hat es mit den Zertifikaten wie mit grünen Frosch auf sich? Wie unterscheiden sich diese Siegel von der Öko-Verordnung der EU?
Hartmann: Die Soja-, Palmöl-, Wald- und Fischsiegel wie ASC oder MSC sind fast alle Industriesiegel, da sitzen ein paar NGOs mit drin; Gewerkschaften oder indigene Gruppen sind in der Regel nicht vertreten. Bio garantiert schon ein anderes Konzept von Landwirtschaft, aber auch da gibt es genug zu kritisieren. Bio ist nicht unbedingt öko: Erdbeeren aus Südspanien im Winter, brasilianisches Rindersteak oder Shrimps aus Aquakultur in Ecuador. Bio ist auch nicht immer sozialverträglich. Es ist ein bestimmter kontrollierter Standard, es werden keine Pestizide, keine Gentechnik eingesetzt; es gibt bestimmte Vorgaben für die Tierhaltung. Es ist etwas ganz anderes, wenn die Rainforest Alliance draufschreibt, sie verwenden weniger Pestizide: Das kann niemand überprüfen. Wenn es bei Bio zu Verstössen kommt, wird das Siegel entzogen. Das gibt es bei den Industriesiegeln nur sehr selten.
Können die Industriesiegel strukturell nicht funktionieren?
Hartmann: Für die Industrie funktionieren sie schon, für die ist es eine Legitimation.
Letztlich kommuniziert das Siegel, dass die Industrie verstanden hat, dass das Thema für die Konsumenten eine Bedeutung hat.
Hartmann: Ja, das sagt es aus. Aber das kann nicht funktionieren, weil es ausschliesslich Rohstoffe betrifft, die es gar nicht «in gut» gibt. Palmöl für die Nahrungsmittelindustrie und Biosprit wächst z.B. in Indonesien auf einer Fläche, die ist vier Mal so gross wie die Schweiz und nur in Monokultur. Auf diesem industriellen Level kann man das nicht gut machen. Aber für die Unternehmen funktioniert das super. Die sagen: Wir wissen, das ist noch nicht alles gut, aber wir sind da dran.
Wie geht die Politik damit um?
Hartmann: Die Siegel funktionieren auch als Pseudo-Ordnungsrahmen. Die Politik unterstützt das, die EU erkennt das Siegel für Biosprit mit nachhaltigem Palmöl an, mit einem Anforderungskatalog, der gar nicht erfüllt wird. Das ermöglicht den Unternehmen ungestörten Zugriff auf Problem-Rohstoffe, und das macht es noch viel schlimmer. Natürlich könnte die Politik den Import von Palmöl verbieten, dann hätte sie aber einen Handelsstreit am Hals. Die Politik kennt die Probleme, aber sagt, dass sie ordnungspolitisch nichts machen kann. So findet die Legitimation über Siegel statt. Aber gerade beim Palmöl, mit dem ich mich besonders beschäftigt habe, ist dadurch wirklich gar nichts besser geworden. Monokulturen brauchen immer viele Pestizide; da hängt die Saatgutindustrie mit drin, das bedeutet immer auch, dass Kleinbauern vertrieben werden, das bedeutet Landraub und Nahrungsmittelkonkurrenz. Das Siegel bedeutet dann, dass sie vielleicht ein bisschen weniger Gift spritzen, aber das verändert die grundsätzliche Situation für die Umwelt und die Menschen nicht.
Warum ist das Palmöl so begehrt?
Hartmann: Palmöl ist das billigste Fett der Welt. Die Palmen wachsen schnell, du kannst nach zwei Jahren ernten.Danach ist so ein Wald blitzschnell niedergebrannt. Du kriegst die Investitionen sofort wieder raus und machst Gewinne. Die Arbeiter werden auf unfassbar gnadenlose Weise ausgebeutet. Da gibt es Menschenhandel, Sklavenarbeit und gefährliche Kinderarbeit. Nur deshalb ist Palmöl so billig. Die Arbeiter leben dort wie im 19. Jahrhundert in Europa, sie leben auf den Plantagen. Deshalb sind sie auch so stark bedroht. Wenn sie auf schwarze Listen kommen, fliegen sie raus. Ich habe mit Leuten gesprochen, die einen Streik organisieren wollten. Die haben dann am Rand der Plantage komplett mittellos unter einer Plastikplane gelebt. Das ist die Situation, deshalb funktioniert das für die Firmen so super. Die Hoffnung liegt darin, dass dort Gewerkschaften entstehen. Ein grosser Streik würde die Palmölproduktion für Tage lahmlegen, da die Dinger innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden müssen, sonst oxidieren die.
Hast du eine Plantage von Unilever besucht?
Hartmann: Unilever hatte Plantagen im Kongo und auf Sumatra, die haben sie zu Beginn des Booms verkauft. Unilever betrieb schon unter der belgischen Kolonialregierung im Kongo Plantagen, die haben als erste in der Seife Palmöl statt Talk verwendet. Heute gehören die Plantagen in Indonesien Firmen von dort oder solchen aus Malaysia und Singapur. Es ist schwer, die Lieferkette zu verfolgen, weil das Öl im Hafen vermischt wird. Aktivisten gelingt das aber, und so weiss man, dass Wilmar International der Hauptlieferant von Unilever ist. Unilever sagt aber, das sind ja nicht unsere Plantagen, wir haben unsere Standards.
Mit «Die Grüne Lüge» hast du zum ersten Mal an einem Film mitgearbeitet. Was war da neu für dich?
Hartmann: Ich finde total grossartig, dass man im Film Greenwashing einfach zeigen kann. Wir sind da auf einer Palmöl-Konferenz in Bali. Unserere Bad-Cop-/Good-Cop-Dynamik funktioniert da hervorragend. Das hat Spass gemacht zu erleben, wie sich ein Niederländischer Palmöl-Lobbyist um Kopf und Kragen redet, und dann auf einmal ökologisches Palmöl nicht mehr erklären kann. Die Teerbrocken, die wir in Louisiana am Strand aufgesammelt haben, direkt zeigen zu können, ist natürlich auch toll. Und wir haben in Brasilien eine indigene Assembleia besucht. Hier hat man keine Vorstellung davon, was das ist und wie ein indigener Kampf aussieht. Man kann sich nicht vorstellen, dass Leute sich einen Federschmuck auf den Kopf setzen und dennoch ein Smartphone in der Hand haben. Bei Vorführungen lachen Leute dann darüber. Der Film ist lustig, obwohl es ein schweres Thema ist. Wenn man lacht, ist das der erste Moment der Ermächtigung, um dann zu sagen: Ihr spinnt ja.
In Louisiana ging es um die Folgen der Havarie der Deepwater Horizon 2010. Wie konnte BP diese gigantische Katastrophe greenwashen?
Hartmann: Greenwashing gibt es seit den Siebzigern. Da beschränkte sich das aber auf Werbung mit schöner Natur. BP wird gerne als die «Mother of Greenwash» bezeichnet, weil die einen kompletten Imagewandel durchgezogen haben. Als 2001 ein IPCC-Bericht nahegelegt hat, dass es Klimawandel gibt, war BP das erste Öl-Unternehmen, das den Klimawandel anerkannt hat. Die Werbeagentur Ogilvy & Mather hat BP dann einem kompletten Imagewandel unterzogen, mit der grüngelben Sonne, mit dem Slogan «Beyond Petrolium». Sie haben mit Solarenergie und Windkraft geworben, stecken dabei aber nur ca. 1% ihrer Investitionen in erneuerbare Energie. Dennoch haben sie es damit geschafft, dass die Auflagen lax geblieben sind. Das hat so gut funktioniert, dass die entsprechenden Ministerien unter der Obama-Regierung so von der Bohrinsel überzeugt waren, dass sie nicht mal die Notfallpläne sehen wollten. Bei dem Blow-Out starben 11 Menschen, das ausströmende Öl war gar nicht in den Griff zu bekommen. BP schüttete dann mit der Erlaubnis der Regierung Dispersionsmittel drauf. Das bewirkt, dass sich das Öl in kleinste Teilchen zerreibt, und bis heute im Golf wabert. Für manche Wissenschaftler ist das ein Tschernobyl im Wasser. Durch das Dispersionsmittel Corexit haben sie die Ölkatastrophe aber relativ schnell unsichtbar gemacht. Das ist Greenwashing auf einer anderen Ebene.
Wie hast du in Louisiana die Folgen der Ölpest erlebt?
Hartmann: Das ist unfassbar trist da, wie bei «True Detective». Da sind alle abhängig vom Öl, gruselig! Es gibt zwar einzelne Aktvisiten und auch ein Netz von Whistleblowern, die von den vielen an Corexit erkrankten Menschen berichtet haben. Aber es gibt keinen Protest. Dann gibt es die Fischereien, die betroffen sind. Manche wurden entschädigt, andere nicht. Wir trafen den ehemaligen «Shrimps King of Louisiana», dem der Umsatz eingebrochen ist. Der ist stinkreich, schimpft aber am lautesten und ist dazu noch Trump-Wähler. Der findet Öl super. Da findet kein Umdenken statt, Die Leute fahren SUVs, die Klimaanlage läuft und es werden Shrimps mit schwarzem Kopf verkauft. Und Leute die kaufen sie. Das ist hochgiftig, aber es finden keine Kontrollen mehr statt.
Es ist erstaunlich, dass es in so einem entwickelten Land wie den USA weniger Protest gibt als etwa in Brasilien.
Hartmann: In Brasilien geht es um Landraub, das ist ein Problem der Indigenen. Sie kämpfen um das ihnen von der Verfassung zugesicherte Recht auf ihr Land. Sie bekommen das Land von den Grossgrundbesitzern aber nicht zurück. Sie besetzen es dann und sind auch oft damit erfolgreich. Dabei sind sie immer wieder extremer Gewalt ausgesetzt. Da fragt keiner nach nachhaltigem Soja, und die sind erfolgreicher als Greenpeace und der WWF zusammen. Die Biodiversität ist in Gegenden mit indigener Bevölkerung oft überdurchschnittlich gross, die Natur ist ja deren Lebensgrundlage.
Dennoch leben nur noch vergleichsweise wenig Menschen so.
Hartmann: Zu einer indigenen Lebensweise kann auch ein Mofa oder ein Fernseher gehören. Trotzdem wollen die keinen Supermarkt, die wollen ihre Waldgärten behalten, die wollen in dieser Gemeinschaft leben, die wollen ihr Saatgut tauschen. Diese Art von Landwirtschaft ist ertragreicher und umweltschonender. Aber oft fehlt der Zugang zu Land, zu Saatgut, zu Wissen, zu Communitys, aber ich finde das dennoch sehr hoffnungsvoll. Wenn man das mit der gigantischen Zerstörung vergleicht, ist es zwar klein. Aber nicht so klein, dass man sagen könnte, es würde nicht funktionieren. In Indonesien habe ich neben einer Plantage, wo die Leute nichts zu essen haben, das Walddorf erlebt, wo es den Leuten gut geht und wo drei Schulen stehen. Es ist schwer, diese Perspektive hier zu vermitteln. Leute fragen dann, ob wir jetzt in den Wald ziehen müssen. Natürlich geht beides. Aber ich glaube, dass der Kampf derselbe ist.
Wo liegt das Problem von Organisationen aus dem Norden wie Greenpeace?
Hartmann: Greenpeace haben hervorragende Studien etwa zur Palmölproduktion gemacht, sie haben die Ressourcen, um die Lieferketten zu verfolgen. Ein Problem wird es, wenn Greenpeace versucht, mit den Firmen zu-sammen zu arbeiten. Das habe ich in Indonesien erlebt, dass die Graswurzelbewegungen dann stinksauer sind. Wenn die Unternehmen den Segen von Greenpeace haben, dann können die alles machen.
Wo liegt der Fehler?
Hartmann: Man arbeitet nicht mit den Zerstörern zusammen, sondern gegen sie. Die Zerstörer sind nicht unsere Retter, und man kann sie auch nicht zu etwas Gutem machen. Das sind keine Menschen, die man bekehren kann, sondern Machtkonzentrationen. Man kann diese Machtsysteme nicht von innen heraus verändern. Letztlich bezieht sich alles auf Lieferketten. Greenpeace sagt, sie sind keine Anti-Palmöl-Organisation. Sie sitzen am erweiterten runden Tisch für nachhaltiges Palmöl, und das halte ich für fatalen Quatsch und für hochgradig gefährlich. Palmöl kann nicht nachhaltig sein.
Was können die Konsumenten im Norden tun?
Hartmann: Aufhören, sich als Konsumenten zu begreifen, sondern als Bürger. Als Konsument ist man nur eine ökonomische Kategorie und keine soziale. Es geht nicht um die Frage «Was soll ich kaufen?», sondern um die Frage «Warum steht das überhaupt im Supermarkt?» Warum ist das legal, dass es so viele beschissene Produkte gibt? Warum wird nicht ordnungspolitisch dafür gesorgt, dass es die nicht mehr zu kaufen gibt? Diese Dinge braucht keiner, niemand hat nach 150 Sorten Tütensuppen und Geschmacksjogurt gefragt.
Aber wie kann man Tütensuppen verbieten?
Hartmann: Ich habe schon oft gehört, dass die Armen den ganzen Scheiss kaufen. Das Problem ist aber, dass die Armen arm sind. Billigpreise sind erwünscht, um die Löhne niedrig zu halten. Der SUV-Fahrer, der Investmentbanker ist und Bio kauft, richtet mehr Schaden an, als die Harz-IV-Empfängerin, die weiss, dass sie von der Näherin in Bangladesch nur ein fingerbreit entfernt ist.
Wie kann deiner Meinung nach eine Politisierung aussehen?
Hartmann: Ich finde es wichtig, die kurzfristige Ohnmacht zuzulassen. Es ist total scheisse, was da passiert, und ich hänge da mit drin. Das muss man aushalten und nicht nach dem schnellen Ausweg suchen. Daraus kann dann die Wut entstehen, die mich zu einer Initiative für die autofreie Innenstadt treibt, wo ich erlebe, dass es auch noch viele andere gibt, die meine Haltung teilen. Und wir müssen dafür kämpfen, dass die UN-Leitlinien «Wirtschaft und Menschenrechte» umgesetzt werden.
Wir können wir darauf einwirken, wie ein anderes Land seine Wirtschaft reguliert?
Hartmann: Unternehmen müssen dafür zur Verantwortung gezogen werden können, wenn in ihrer Lieferkette Menschenrechte und andere Rechte verletzt werden. In Rana Plaza sind 1200 Menschen auf elende Weise umgekommen und niemand in Europa ist dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Aber es gibt auch Hoffnung: Ich begleite einen peruanischen Kleinbauern, der RWE verklagt, weil er durch den durch deren Kraftwerke verursachten Klimawandel keine Landwirtschaft mehr betreiben kann. Als der Richter dessen Klage angenommen hat, ist den Anwälten von RWE die Kinnlade runtergefallen.
Was ist da der nächste Schritt?
Hartmann: Wenn die UN-Leitlinien «Wirtschaft und Menschenrechte» umgesetzt werden würden, die Deutschland im Übrigen ablehnt, würde das billige Palmöl seine Attraktivität für die Lebensmittelindustrie verlieren. Ich denke, das ist gar nicht so schwer. Die wichtige Frage ist: Wer verhindert die Alternative? Der grössere Teil der Menschen leidet eh darunter, es sind wenige, die profitieren. Die Menschen sind bereit für Veränderung. Wenn die Autos aus den Städten verschwunden sind, werden die Leute das toll finden. Es wichtig, dass die Menschen diese emanzipatorische Erfahrung machen.