Communities oder Szenen entlang von Computertechnologien sind beliebt. Eine Szene bestehend aus Hobbyisten hat in den 70er und 80er Jahren mit den ersten Computern für Privatanwender experimentiert und wesentlich zu deren Weiterentwicklung beigetragen. In den 80ern und 90ern waren es die C64 Nutzer, Amiga-Fans, Atari ST oder Schneider CPC Leute; rund um die Jahrtausendwende dann die scheinbar dem Untergang gewidmeten Mac-Nutzer oder die freiheitsliebenden Linux-User. Die Demoszene, die ebenfalls schon in den 80ern aktiv war, beleuchten wir im Gespräch mit Andry Joos, dem Organisator der Demodays.

Was ist die Demoszene und wie
kam sie zu ihrem Namen?

Andry: Die Demoszene ist aus einer der ersten und ältesten Computer-Communities entstanden. In den frühen 80ern war es normal, dass Spiele kopiert und weitergegeben wurden – sei dies auf dem Pausenplatz in der Schule oder später via BBS-Verbindung. Die Leute, welche die Spiele kopiert haben, gründeten Gruppen, meistens rund um ein paar fähige Cracker, ergänzt mit Swappern (Tausch-Kurieren). Diese Gruppen wollten zeigen, dass sie neben dem Cracken von Spielen auch die Programmierung der Computer im Griff haben: Bevor die Spiele gestartet wurden, konnte man also das Gruppen-Logo sehen, Texte (Scrolltexte) lesen und Musik hören – viele kennen das sicher noch aus ihren frühen Computer-Tagen. Diese Vorspann-Animationen haben sich irgendwann emanzipiert, vom Cracker-Umfeld gelöst und so entstand die Demoszene: Eine Community, die sich ganz auf die Erstellung von Echtzeit-Animationen konzentriert hat. Die Gruppen scharten sich nun um begnadete Programmierer und setzten sich ausserdem aus Musikern, Grafikern und Designern zusammen. Der Wortteil «Demo» hat nun gar nichts mit Steinewerfen zu tun, sondern bezieht sich auf «demonstrieren» im Sinne von «zeigen, was man kann» oder «zeigen, was ein bestimmter Computer kann». Über die Jahre hat sich auch die Demoszene über alle möglichen Plattformen ausgebreitet und produziert «Demos» (Animationen) am Laufmeter.

Die Demoszene hat auch gewisse
Regeln entwickelt. Welche? Weshalb?

Andry: Zu Anfangszeiten der Demoszene war die verwendete Hardware noch Einschränkungen unterworfen (wenig Speicherplatz, limitierte Grafik-Möglichkeiten und aus heutiger Sicht langsame Prozessoren), und die Programmierer stiessen mit ihren Werken oft an die Grenzen der Systeme; nicht selten haben sie diese dabei auch verschoben. Das hat sich gegen Ende der 90er Jahre verändert: Die Rechner leisteten nun so viel, dass selbst anspruchsvolle Demos selten – und Ausnahmen bestätigen heute noch die Regel – die volle Power nutzen konnten. Irgendwann begab es sich nun, dass man, um eine grössere Herausforderung zu erreichen und weil die Rechner selten mehr eins zu eins vergleichbar waren, künstliche Grenzen einführte. Es gibt heute noch Wettbewerbe mit der Limitierung auf 64 oder sogar 4 Kilobyte für ein ausführbares Programm, das aber locker 3,4 Minuten Grafik und Musik produziert.

Wo sitzen die TeilnehmerInnen der Demoszene? Wie und wo tauscht ihr euch aus? Global, regional, lokal? Virtuell?

Andry: Wie in vielen computerbezogenen Communities, sind auch in der Demoszene die Frauen in der Unterzahl. Die «Teilnehmer» nennen sich selber Szener oder Demoszener und kommen aus der ganzen Welt. Sie bilden Gruppen, um zusammen an den Echtzeit-Demos zu arbeiten. Diese Gruppen waren früher stark regional geprägt, aber international bekannt. Dies ist manchmal auch heute noch so, aber dank des Internets sind natürlich auch «virtuelle» Gruppen keine Seltenheit mehr.
Ein ganz wichtiger Teil der Demoszene ist aber auch in der heutigen Zeit das persönliche Treffen – dafür gibt es die sogenannten «Demoparties». Diese finden regelmässig in vielen verschiedenen Ländern und Locations statt, dauern meistens ein ganzes Wochenende und sind Treffpunkt für die Demoszener aus der näheren oder weiteren Umgebung. Nebst dem sozialen Aspekt dieser Veranstaltungen gibt es dort auch Wettbewerbe in verschiedenen Kategorien. In der Schweiz sind die Demodays aktuell die einzige Veranstaltung dieser Art.

Wohin entwickelt sich die Demoszene und wo steht sie in 5 Jahren? Wird ihre Kunst ausgestellt oder wird es einfach eine andere App in den überfüllten App-Stores?

Andry: Totgesagte leben länger: Seit vielen Jahren wird das Ende der Demoszene prophezeit und doch gibt es sie immer noch und mehr denn je. Die Demoszene verändert sich, verschmilzt mit anderen Communities und löst sich wieder davon, bereichert oder ernüchtert.
Ob in der Demoszene Kunst im herkömmlichen Sinn produziert wird, ist eine Streitfrage – ohne Frage aber entstehen mediale, audiovisuelle Produktionen, die je nach Thema, Inhalt und Absicht der Produzenten durchaus Kunst sind oder einen künstlerischen Anspruch haben. Demos werden aber meistens nicht mit der Absicht programmiert, als Kunstwerk zu gelten – viele dienen einfach der Unterhaltung und sind dazu da, zu tun, was ihr Name vorgibt: Zu zeigen, was der Programmierer, der Musiker oder der Designer so alles können. Bereits jetzt finden sich aber immer wieder Installationen von Demoszenern in Ausstellungen, und auch einzelne Demos, die Zeitgeist oder Techno-Status wiederspiegeln, fanden ihren Weg in Museen oder Themen-Ausstellungen. Um Appstores kümmert sich die Demoszene nicht – das Zielpublikum ist aufgrund des erschwerten Einstiegs (was ist der Unterschied von einer «herkömmlichen» Animation zu einer Demo, und was soll an letzterer so toll sein?) nicht der App-Store-Nutzer, sondern in erster Linie andere begeisterte Computer-Enthusiasten.

Von Daniel Boos


Beispiele für Demos
1.Midnight Run by ASD: Spannender Stil
(Windows, 2008) – http://bit.ly/1i2eKc9
2.Edge of Disgrace by Booze Design: Wahnsinnsdemo für den C64 (2008) –  http://bit.ly/1c1J0jz
3.Second Reality by Future Crew: «Der» Klassiker (MS-DOS, 1993) – http://bit.ly/1dni0ci
Computerhard/-softwareszenen:
Demoszene
Freie Software, Information,
Public Domain, Creative Commons
DIY Szene – Gemeinsam Löten (z.B. SGMK)
Global Game Jam (globale Game Community)
rund um Games (siehe auch IGDA, etc.)
Chaos Computer Club
Nutzer-Communities (Apple, Google, …)
Deviant-Art und andere Online-Kreativ-Communities
Hardware-Modding
Software-Modding (Machinima etc.)

Die Medienkulturgespräche sind eine Reihe des Dock18 Institut für Medienkulturen der Welt. Daniel Boos und Mario Purkathofer recherchieren monatlich aktuelle Themen der neuen Medien und sprechen mit betroffenen Menschen auf verschiedenen Kanälen.
Swiss Game Jam Fr 24.1.-26.1.2014 Global Game Jam, Clubraum Fr 7.2. Global Game Show, Clubraum Viele Spieleentwickler haben in der Demoszene angefangen und gehen auch regelmässig an die Demodays. In den nächsten Wochen sind sie jedoch am Global Game Jam in der Roten Fabrik anzutreffen. Ihr Ziel ist es, ein Spiel in einem Wochenende zu kreieren. Und das geschieht an ebendiesem Wochenende weltweit. So ein Zusammenkommen ist inspirierend: Man lernt neue Tools, neue Arbeitsverfahren und neue Leute kennen. Vielfach kommen auch Neulinge an den Gamejam, um den Zeh mal ins Gamedesignwasser zu tauchen. Ein Wochenende ausprobieren, wie das ist und wie ein Spiel gemacht wird. Und viele kommen wieder. Anmelden für den Global Game Jam, der dieses Jahr am Wochenende vom 24. bis 26. Januar im Clubraum der Roten Fabrik stattfindet, könnt ihr euch unter: http://globalgamejam.org/2014/jam-sites/dock18. Mehr Infos findet ihr auf der Swiss Game Jam Seite: www.swissgamejam.org/

Comment is free

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert